Mit 30 einen 50ziger machen! 16.08.2014 Frank R. vom SC DHfK Leipzig Abt. Skisport läuft seinen ersten Ultra-Marathon!
Ja was bewegt einen Menschen dazu eine Strecke von 50km zu laufen. Die Vorstellung fordert erst einmal Respekt ein. Also mir zumindest. Was sind die Gründe, welche Motivation und was ist das Ziel dabei?
Eigentlich wollte ich am vergangenen Samstag einen olympischen Triathlon machen, doch fanden „nur“ die WM-Wettkämpfe im Cross-Triathlon in Zittau statt. Alle anderen Wettkämpfe erschienen mir zu weit weg, wie zum Beispiel in Borken an der holländischen Grenze. Es sollte einen Alternative her. Gesucht und schnell gefunden war der 25. 100km-Lauf am Auensee in Leipzig und der parallele „Bambini-Lauf“ – 20. 50km-Lauf. Ich überlegte kurz ob es passt. Trainingstechnisch nicht, weil ich mich auf den Magdeburgmarathon am 19.10. vorbereite, aber ja ich hatte frei und Lust darauf.
Ich offenbarte Uli meine Idee. Reaktion: „Du bist verrückt!“
Hmm ja das muss man wahrscheinlich auch sein, wenn man sowas freiwillig macht.
Etwas verrückt, aber dennoch bedacht! Solch ein Rennen muss auch klug gelaufen werden. Ich muss mir das Rennen sehr überlegt einteilen. Bei Läufen jenseits der Marathondistanz und eigentlich schon ab 30-35km ist Laufen ganz viel Kopfsache. Wenn der Kopf nicht mitspielt, hat man das Rennen oftmals schon verloren, denn der Körper ist in der Regel schwächer! Trotzdem empfehle ich wirklich jedem Sportler diese Distanzen nur zu probieren, wenn man sich zu 100% fit und genügend trainiert fühlt. Alles andere kann dem Körper schaden!!!
Nun zum Wettkampf:
Die Nacht von Freitag (15.08.14) auf Samstag (16.08.14) war recht kurz. Schon früh zu Bett gegangen konnte ich einfach nicht einschlafen. Nicht wegen der Nervosität, die kam erst so 10min vor dem Start, auch nicht wegen Mats – der war sehr friedlich.
Um 3:30Uhr klingelte der Wecker. Mein Frischkornbrei (Roggen, Weizen, Hafer, Cranberries, Mandeln, Walnüsse,Wasser, etwas Rohrzucker, Joghurt, Birne, Apfel) und ein Käsebrötchen stehen schon bereit, sodass ich halb schläfig „nachtstücken“ kann.
Ich fahre 4:50Uhr zum Auensee und die Spannung steigt etwas, obwohl dort noch alles entspannt ist.
Der Lauf wird wieder vom LC Auensee in Perfektion organisiert – ein großes Lob an dieser Stelle an ALLE Beteiligten, Helfer, Anbrüller(-innen), besonders Gabi Claus!!!!!!!!
5:30Uhr. Ich spaziere etwas hin und her. Da kommt Peter. Ich setzte mich zu ihm ins Auto und wir plaudern entspannt über seinen Irland-Kurzbesuch! Ich weiß – hat der Frank nichts Besseres zu tun als small talk zu halten – ey gleich geht der Wettkampf los! Antwort: Nein hat er nicht. Das schöne warme Auto tut gut, hatten wir doch nur 13°C am Start. Das sollte auch weitgehend so bleiben. Gut für mich. Ich mag es etwas kühler!
5:50Uhr – noch 10min bis zum Start. Ich laufe zur August-Bebel-Kampfbahn. Aber vorher habe ich noch ein dringendes Toilettenbedürfnis – genau wie 15 andere. 5min vor 6 bin ich an der Reihe. Ideal!
6:00Uhr der Startschuss fällt und 180 Teilnehmer starten auf beiden Strecken!
Die erste von fünf 10km-Runden ist sehr entspannt. Ich versuche ein lockeres 5min-Tempo zu laufen, um gut in den Lauf zu finden. Die Uhrzeit ist ja auch eigentlich sehr unmenschlich! Die Strecke schlängelt sich größten Teils auf leicht kiesigem Walduntergrund und ca. 30% Asphalt und führt durch den Auenwald zum Auensee und wieder zurück in das Stadion. Es gibt alle 3km eine Verpflegungsstelle und mehrere Toiletten unterwegs. Peter macht Fotos auf der Strecke und steht immer an anderen Stellen. Mein Gedanke zum Thema der Fotoreihe könnte bei einem solchen Rennen sein: „Dokumentation des körperlichen Verfalls im Zeitraffer“. Aber dazu muss sich Peter äußern :-D, denn ich habe, wie jeder andere Teilnehmer mit mir selbst zu tun! Vielleicht mal ein Lächeln für die Kamera oder für einen motivierenden Menschen am Streckenrand, aber sonst ist die körperliche Muskelarbeit den Lauf fokussiert. Ich treffe Volker Jahn an der Strecke und freue mich, dass er anfeuert – obwohl ich ihn eigentlich auf der Strecke erwartet hätte. Die ersten 10km laufe ich in 51:35min. Etwas langsamer als erwartet, aber ich machen mir null Stress. Die Strecke ist noch lang genug. „Es ist ja nur noch weniger als ein Marathon zu laufen – da bist du doch schon bald im Ziel“. So oder so Ähnlich müssen Glöckchen-Gabis Worte zu manchem 50er Teilnehmer gewesen sein. Einfach herrlich diese Frau!!!
Die zweite Runde läuft sich routiniert. Ich sehe Marcus Krüger und freue mich, dass er läuft! Nach 15km eine kurze Pinkelpause und weiter geht es. Es läuft schön rund und locker und die Zeit vergeht wie im Flug. Schon komisch wenn man sich auf einer 10km Runde (!!!) befindet. Mit einer 50:52min war dies die schnellste Runde meines Rennens. Es geht mir gut. Ich trinke regelmäßig aller 3km einen Schluck Wasser und pro Runde ein High5 Gel. Die schmecken mir am besten und sind auch ohne Wasser danach gut zu schlucken.
Runde 3. Nach dem Rundendurchlauf brüllt und feuert Gabi weiter an. Ich nehme meist nur sie wahr, da ich so fokussiert bin. Ich treffe Ralph Hildner als Helfer bei km 25 – genau der Hälfte des Rennen. Er freut sich, dass ich laufe. Wir kennen uns seit 2011. Dort lief er zum ersten Mal beim Rennsteigstaffellauf (171,3km über den Rennsteig von Blankenstein nach Hörschel immer im Juni) in unserem Team mit. Ich mag ihn! Leider sehen wir uns nur selten. Umso mehr freue ich mich! Bei km 28 treffe ich auf Helmut. Wir reden etwas. Vielleicht lenkt das etwas von den steigenden Strapazen ab. Nein – es bringt mich eher etwas aus dem Rhythmus. Er redet davon das ein 50km-Rennen relativ normal ist und das doch 24h-Läufer was ganz Tolles sind. Hmm kann ich nicht teilen. Allein die Vorstellung nach 30km noch 70km laufen zu müssen um die 100km voll zu machen, klingen für mich mehr als irrsinnig. Ich habe einen kleinen Hänger, aber Peter motiviert mich, während er Fotos macht. Wir konzentrieren uns beiden weiter auf das Laufen. Ich komme etwas weg von Helmut. Ich sehe Marcus Krüger und wir motivieren uns gegenseitig. Runde 3 war dennoch konstant mit 51:17min. Ich esse ein Gel.
Runde 4. Bei km32 muss ich dringend auf Toilette. Bei km33 nicht mehr, obwohl dort eine stand. Ich laufe weiter. 400m später muss ich wieder. Mist wäre ich doch nur schon dort gegangen. Bei 35km gönne ich mir 2min. Danach geht es locker weiter. Ein gutes Gefühl, dass ich nur noch 15km vor mir habe. Bei meinem kurzen Ausflug, wurde ich von einigen überholt. Auch von Helmut. Es wird langsam etwas anstrengender, aber noch ist alles ok. Bei km 37 überhole ich Helmut wieder – er hat Krämpfe – von denen ich bisher zum Glück verschon worden bin!!! Bei km 39 treffe ich wieder auf Marcus Krüger. Geil denke ich mir – der ist schon in der letzten Runde und am magischen Marathonpunkt (42,195km) vorbei. Go go go Marcus. Wenig später erfahre ich, dass er ausgestiegen ist! Schade. Die vierte Runde durchlaufe ich mit 56:56min. Ich treffe endlich Mats und Uli im Stadion, die jetzt auch da sind, um Papi zu unterstützen. Peter berichtet, dass ich schon in die letzte Runde gehe und Uli freut sich total, Mats schläft noch! Ich freue mich!
Die fünfte Runde. Gleich zu Anfang brauche ich Energie, sodass ich noch im Stadion schnell ein Redbullshot und ein Isodrink zu mir nehme, ein Isogel nehme ich noch auf die Strecke. Ich nehme nun noch 2 mal ein Dextro Energie Traubenzucker und trinke Cola und Wasser an jeder Verpflegungsstelle. Helmut hat mich im Stadion gleich wieder überholt und ist erstmal weg. In dieser Phase des Wettkampfs mache ich mir keine Gedanken um die Platzierung. Ich will einfach nur noch ankommen. Bei Km 41 folgt eine große Schrecksekunde. Mario ist am Streckenrand und will ein paar Fotos von mir machen. Da ich zu schnell auf ihn zu komme, fährt er mit dem Fahrrad etwas vor. Ich rufe, dass er stehen bleiben soll, da ich nach der Brücke im Augenwinkel einen Kampfrichter gesehen habe. Der Kampfrichter spricht mir eine Verwarnung aus und sagt dies auch Mario, während er bei Ihm stehen bleibt. Ich bin stocksauer und bedanke mich bei Mario. Ich habe keinen Bock in der letzten Runde noch disqualifiziert zu werden. Mario beteuert seine fotografischen Absichten und der Kampfrichter glaubt ihm. Er fährt dennoch kontrolliert an Marios Seite um dies zu kontrollieren. Mario saust an mir vorbei und stellt sich ordnungsgemäß hin, um Fotos zu schießen. Der Kampfrichter fährt zu mir auf und annulliert die Verwarnung. Ich bin erleichtert und laufe mein Rennen weiter. Bei km 45 gönne ich mir mehr Wasser und bedanke mich bei den Helfern aufrichtig! Der Kampfrichter steht lächelnd daneben und fragt ob ich jetzt schon aufhören und pünktlich zum Mittag zu Hause sein will. Ich lächle zurück und stimme zu! Bei km 48 treffe ich wieder auf Helmut, der wieder durch leichte Krämpfe sein Tempo drosseln musste. Wir laufen gemeinsam weiter. Bei exakt 49km will ich das Tempo für einen Zielspurt erhöhen. Genau da kommt mein erster Krampf in den linken hinteren Oberschenkel. So ein Mist. Helmut zieht davon. 20, 30 Meter. Ich ärgere mich und denke, dass dies doch nicht wahr sein könne. Ich dehne mich kurz, laufe komisch wie eine Ente weiter und fasse dann noch mal alle Kraft zusammen. 400m vor dem Ziel ziehe ich meinen Spurt an, überhole Helmut und renne erleichtert Richtung Zielgasse. Der 2. Krampf sagte 2m vor dem Ziel hallo, doch da ist es auch schon geschafft!!!!! Die Moderation vermutet eine Zerrung, weshalb auch gleich ein Physiotherapeut angerannt kommt, aber es war nur ein Krampf. Ich bin erschöpf, überglücklich und falle Mario und Peter in die Arme. Dann warte ich noch auf Helmut. Er ist völlig ausgepumpt und wankt gerade noch zu einem Baum. Ich gebe ihm ein Traubenzucker, welches er diesmal ohne Widerworte annimmt. Wir umarmen und beglückwünschen uns beide.
Yeah ich habe es geschafft. Einen Ultralauf über 50km habe ich gefinisht. 4:29:48Std, Platz 10 in der Gesamtwertung und sogar Platz 2 in der Altersklassenwertung (von 6 – davon 2 DNF) erreicht. Über die Zeit und den Gesamtplatz freuen ich mich sogar mehr als über den AK-Platz. Zop Ten ist doch cool oder? Ich bin überglücklich und genoss den restlichen Wettkampf noch sehr!!! Als Zuschauer!!! Respekt vor jedem Teilnehmer. Hochachtung vor den 100ern, aber das wäre eine Nummer zu groß!!!
Das Kuchenbuffet war genau das Richtige nach dem Lauf! Danke auch an alle fleissigen Bäcker!!!!
Die körperliche Verfassung ist übrigens auch 2 Tage nach dem Lauf sehr gut. Laufen und Treppen steigen sind kein Problem. Nur die ersten 2 Meter nach dem Sitzen sind etwas anstrengend, aber Mats hält mich schon auf Trab! Ich fühle mich gut, also bedeutend besser als nach meinen vorherigen Marathonläufen. Dennoch ist jetzt erst mal Regeneration angesagt.
Ich danke vor allem auch meiner Uli und Mats, dass beide diesen verrückten Papa einfach laufen lassen. Ich liebe EUCH!!!
Sodann bis dahin und Sport frei Euer Frank
Respekt und Gratulation zu dem Run. Genauso lang ist auch der Bericht 🙂
Hallo Frank, danke für den interessanten Bericht über den Verlauf der einzelnen Runden.Wenn man das strahlende Gesicht nach dem Wettkampf sieht,kann man erahnen, wie verrückt man sein muss, um 50 km freiwillig zu laufen.
genau!!!!! 😀
@Kirsche, den Bericht hat er nicht ganz so lang geschrieben wie er gelaufen ist, aber viel fehlte nicht 😉
Aber war echt ne klasse Sache und ich freu mich über seinen Erfolg. 50km reichen nun aber auch wirklich… 🙂